Schuld daran haben - natürlich - der Markt und die
technologische Entwicklung. Werbung dominiert
mittlerweile sämtliche Programmbereiche, das Internet
öffnete uns die Augen für neue Möglichkeiten. Wäre es
nicht schön, einmal mit der Suchmaschine Google alle
Fernsehprogramme nach einem Lieblingsfilm zu
durchsuchen? Einmal mit der Maus die Werbung
wegzuklicken? Oder bei n-tv die Nachrichten von Spiegel
Online zu empfangen? Interaktiv anstatt passiv.
Die Schuld am Niedergang des Fernsehens tragen vor
allem wir - die Zuschauer. Und wir können nicht anders.
Denn nur selten sind unsere Lebensgewohnheiten noch mit
dem TVProgramm vereinbar. Um Punkt acht die Nachrichten
gucken oder um Punkt viertel nach neun die
Lieblingsserie. Das ist Fernsehen von gestern - fast so,
als hätten Supermärkte täglich nur eine Stunde
geöffnet.
Der Traum vom Fernsehen wird sich erst erfüllen, wenn
die Sender zu echten Dienstleistern werden. Wenn
Programmchefs die Themenauswahl ihren Zuschauern
überlassen. Sie an das Publikum abgeben, anstatt sie
allein kommerziellen Bedürfnissen unterzuordnen. Neue
Geschäftsmodelle werden entstehen, hoffentlich auch ohne
das Wort »Pay«.
Die digitale Technik macht es schon heute möglich,
ein individuelles Programm aus allen verfügbaren Sendern
zusammenzustellen, ohne zu zahlen: mit Videogeräten wie
Tivo und Replay in den USA oder der
deutschen Erfindung Tivion (»Fernsehfee«). Sie überspringen Werbung,
durchsuchen das Kabelnetz nach bestimmten Sendungen und
präsentieren den Zusammenschnitt, als sei es das
laufende Programm. Noch protestieren die TV-Konzerne
heftigst dagegen. Einstweilige Verfügungen der deutschen
Privatsender verhindern, dass Tivion verkauft werden
darf. Fernsehen wird wieder spannend, und es wird viel
zu berichten geben.